Samstag, 19. Mai 2018

Kein Antrieb

Aber heute ist es nicht Hägar, der keinen Antrieb hat, sondern ich. Ich schlafe unendlich lange und mag überhaupt nichts anfangen. Kalter Wind und Regen herrschen draußen. Dennoch werde ich einkaufen fahren...vielleicht weckt ja die frische Luft meine Lebensgeister?
In Evenskjer stelle ich fest, dass mein Lieblings-Supermarkt - groß und gut sortiert - dem Erdboden gleich gemacht wurde. Nur noch ein Bauzaun ist zu sehen! Oh je. Es gibt noch einen zweiten Markt, der wohl jetzt alles auffangen muss. Er ist vergleichsweise klein und jetzt total vollgestopft, so voll, daß kaum noch Menschen hinein passen. Es ist ein Hindernislauf bis man an die gesuchten Waren herankommt.
Draußen fallen mir Hägars Vorderreifen auf - die sind ja total abgefahren! Die hinteren sehen noch ein klein wenig besser aus, werden aber auch bald fällig werden. Nächste Herausforderung: neue Schuhe für Hägar finden.

Es stürmt heute den ganzen Tag richtig ordentlich. Immer wieder rumpelt es unterm Haus. Kein Wetter, das mich wirklich hinaus zieht. Irgendwann am späten Nachmittag sehe ich meine beiden Nachbarn an den Bootshäusern werkeln - Männerspiele. Ragnars Hütte wird isoliert. Ich schaue kurz vorbei und weil ich ja jetzt schon mal draußen bin, kann ich auch was tun. Aus überflüssigen Spanplatten, die nur im Weg herumstehen baue ich einen Windschutz für Hägar. Und dann stören mich die Kartonberge unter der Hütte so sehr, daß ich endlich mal anfange, sie aufzuräumen. Nachdem ich 3 1/2 Stunden lang Kartonage zerkleinert habe und der Berg einfach nicht kleiner zu werden scheint, mache ich für heute Schluss. Vielleicht verbrenne ich den Rest ja, vieles davon ist sowieso klatschnass.

Zum Abendessen gibt es den Seelachs von gestern mit heute gekauftem Gemüse. Lecker. Dabei sitze ich an meinem Lieblingsplatz vor dem Fenster und beobachte die Wellen. Eigentlich ist das Meer nur ein wenig verkrumpelt, aber wenn man genau hinschaut sieht man, wie groß die Wellen tatsächlich sind. Niemand sollte bei diesem Wetter mit dem Boot draußen sein. Interessant ist auch, wie lange eine einzelne Welle wandern kann - die Dünung ist heute schon sehr weit. Auch Wellen beobachten kann abwechlungsreich sein!
Meine Reiseabenteuer sind ja jetzt vorüber, daher wird der Blog nun sicher nicht mehr so spannend. Ich werde trotzdem einfach ein "Tagebuch" weiterführen.


Freitag, 18. Mai 2018

Heiliger Fisch

Obwohl es gestern schon wieder 2 Uhr war, stehe ich um 8 Uhr auf, als ich zufällig wach werde. Ich will wieder in einen vernünftigen Rythmus kommen. Lust habe ich aber zu gar nichts. Alles ist noch gut verpackt und verstaut, draußen geht ein kaltes Windchen und manchmal regnet es auch ein wenig. Tja, ich bin in MEINEM Norwegen.
Irgendwann raffe ich mich dann doch auf, vor die Türe zu gehen. Dabei stelle ich fest, daß ich hier gar keine Jacken deponiert habe. Die habe ich wohl bisher immer mitgebracht. Bevor ich jedoch den Hänger auspacke muss ich das Chaos auf dem Grundstück beseitigen - überall hat der Sturm Holzplatten verteilt. Außerdem liegen Reisig und Äste herum...dieser Saustall muss ein anderer werden. Eigentlich macht es sogar ein bisschen Spaß, im Freien ein wenig herumzuwurschteln. Ohne Stress, einfach nur so. Bei Nachbar Ragnar sieht's aus, als ob der Sturm die Gartenmöbel verweht hätte, also gehe ich rüber und räume die auch etwas zusammen und binde sie fest.

Dann mache ich mich über den Anhänger und seinen Inhalt her. Der Rhabarber wandert an eine weiche Stelle im Garten. Die Elchschaufel ist leider nur noch Mehl, aber sie war vorher schon etwas mürbe. Schade. Dann räume ich die Truhe aus. Jedes Teil muss ich einzeln hochtragen, es sind schrecklich viele Kleinigkeiten drin und nichts ist in einer großen Tüte zusammengefasst. Aber, macht nix. Die leere Seekiste kann ich alleine hinaufbugsieren, ich lasse sie noch draußen stehen, denn ich möchte sie erst saubermachen. Später.  In Kiruna habe ich gestern noch eingekauft, 2 schöne Stücke Fleisch waren auch dabei. Die werden jetzt versorgt, d.h. portioniert und eingefroren. Ein Stück ist jetzt gleich dran. Das Gemüse, auf das ich mich gefreut habe, ist leider nicht mehr da - vermutlich haben meine lieben Nachbarn alle Sicherungen ausgeschaltet und dann den Kühlschrank leergeräumt. Die sind so fürsorglich! Heute sind sie jedoch in Harstad, also kann ich erst am Abend fragen. Ein paar Kartoffeln liegen noch herum, also wird es Bratkartoffeln mit Steak geben.
Da, eine Nachricht! Gerd (Bekanntschaft vom Schiff) ist in der Gegend und möchte auf einen Kaffee vorbeikommen. Mein allererster Gast! Kaffee habe ich leider nicht, aber er kommt passend zum Essen - wir teilen alles brüderlich. Gerd ist Pfarrer und derzeit in der Kirchenverwaltung beschäftigt. Die Norwegenreise ist seine burn-out-Prävention. Er ist in Eile und hat höchstens eine Stunde Zeit; er war noch nie angeln und nimmt mein Angebot gerne wahr. Wir fahren zum Angelplatz und ich weise ihn ein. Mit der zweiten Angel stelle ich mich ein paar Meter weiter weg und eile ihm bei Bedarf zu Hilfe. Haken verloren, Schnursalat, Köder zwischen den Steinen fest - ich kenne das nur zu gut. Aber ich lasse ihn machen. Es geht ein kalter Wind und Gerd scheint nur wenig anzuhaben, ihm wird schon ordentlich kalt. "Noch 2 Würfe" möchte ich machen, dann fahren wir wieder heim.
Schon beim ersten aber ziehe ich eine Portion Seelachs heraus! So schnell hab ich ja noch nie was gefangen! Ob da seine Heiligkeit die Finger im Spiel hatte? Und der Fisch dient als Beweis, daß ich Gerd keinen Schmarrn erzählt habe. Das Essen für morgen ist gesichert. Wir fahren zurück und Gerd macht sich gleich weiter auf die Socken, er möchte heute noch bis auf die Atlantikseite der Lofoten. Das war eine nette Überraschung.

In der Küche sieht es schlimm und fettig aus! Kein Wasser mehr da - also Hägar satteln, zum Campingplatz fahren und 50 l Wasser holen. Dann in der Küche klar Schiff machen, den Fisch versorgen und endlich ein Mittagsschläfchen machen? Aber ich könnte ja noch die Sachen aus der Truhe verräumen. Da hupt es - Ragnar und Eva tauchen auf. Björn und Anne-Lise sind auch wieder aus Harstad zurück. Da werd ich wohl nachher eine kleine Besuchstour machen. Aber heute "werd ich nicht alt"...

Draußen geht ein strammer Wind, die Wellen gischten gegen das Ufer. Am frühen Abend mache ich die Begrüßungstour. Bei Eva bekomme ich meine Post - eine Rechnung ist dabei, aber Eva kann mir nicht sagen, was sie bedeutet. Auch Björn und Anne-Lise rätseln lange, bevor sie beschließen, das wären Müllgebühren. Die werde ich wohl zahlen müssen. Mit Björn unterhalte ich mich lange über die Hütte und das Eisproblem. Frank wird wohl am ehesten wissen, was man tun kann, aber Frank meldet sich nicht. Als ich Björn von dem Angebot, ein Boot bei Göteborg zu kaufen erzähle, bietet er an, seines zu benutzen. Cool. Aber ich werde wohl erst noch ein bisschen Bootfahren lernen müssen. Im Moment ist mir auch noch gar nicht danach. Es stürmt ziemlich und Björn erzählt mir Schauergeschichten von dem unberechenbaren Wetter und Bootsunglücken auf dem Fjord. Da geh ich lieber wieder heim, backe mir noch ein Brot und geh dann schlafen. Ich hab Nachholbedarf.

Donnerstag, 17. Mai 2018

Emotionen

Ein Vorteil des älter Werdens ist, dass man auch die unangenehmen Dinge vergisst, z.B. wie kalt es nachts im Zelt werden kann. Sonst hätte ich mir vielleicht doch ein Bett gesucht? Es dürfte ca 4 Grad oder weniger gehabt haben, nach langem bibbern bin ich dann doch eingeschlafen und habe dafür morgens um so länger gepennt. Aber mit welchem Hochgefühl beginnt der Tag: ist das nicht das Allerschönste, absolut frei bei allem Tun und Lassen zu sein? Zwischen den Enten am Ufer aufzuwachen, die Sonne im Rücken, den eigenen Duft im Schlafsack und nur die Geräusche der Natur um einen herum?
Heute ist Nationalfeiertag in Norwegen - der höchste Feiertag im Land. Den ganzen Tag werden sie feiern, winken und auf mich warten, um mich begrüßen zu können! Hoffentlich schaffe ich es heute noch bis dahin.
Der kalte Fahrtwind treibt mir die Tränen in die Augen, aber die Schutzbrille mag ich doch nicht aufsetzen. Ich mag es, Wind und Wetter zu spüren, die Natur um mich zu sehen, zu riechen, zu fühlen. Reisen ist doch das Schönste! Dabei ist man wirklich am ehesten im Hier und Jetzt. Freiheit und Abenteuer. Auf den weiten einsamen Straßen können die Gedanke fliegen und dennoch bin ich hier und erlebe jeden Moment. Die Gefühle, die im hektischen Alltag unter den Teppich gekehrt werden, kommen jetzt zum Vorschein. Gute und schlechte Gefühle. Sehnsüchte und Träume. Freude, Trauer, Dankbarkeit. Sie überwältigen mich - ich gebe ihnen Zeit und Raum hier.

Wiesen und Wälder sind hier überschwemmt - es wäre doch gut, wenn man dieses Stückchen Erde mit einem passenden Stück afrikanischer heißer Wüste mischen könnte. Dabei käme sicher fruchtbarer Boden zustande - ein Vorteil für die Welt? Oder auch nicht, denn dann würde die Vielfalt und die einzigartige Schönheit mancher Orte verschwinden. Ist schon gut so, wie es ist.
Blauer Himmel mit weißen Federwölkchen aber arktische Temperaturen.
Bären sehe ich - und Elche und Vielfraße! Zumindest gaukelt mir das meine Wunschvorstellung vor. Die enttäuschende Wahrheit ist, was ich für wilde Tiere halte sind die Baumscheiben umgestürzter Fichten oder moosbewachsene Felsbrocken.

Die lange Unterhose, die ich heute erstmals zum Einsatz kommt, tut gute Dienste. Unter den dünnen Lederhose kann sie aber auch nicht die ganze Kälte abfangen. Ebenso habe ich es wohl mit dem dünnen Pullover etwas untertrieben und eine weitere Weste habe ich nicht eingepackt. Ich habe die Arktis wohl unterschätzt. Eigentlich sind mir diese Temperaturen jedoch lieber, als die letzten heißen Tage. Aber - ich habe es so gewollt, ich habe es so entschieden, also bibbere ich stumm vor mich hin. Hat Väterchen Frost Dich erstmal ein seinen eisigen Griff bekommen, dann lässt er Dich so schnell nicht wieder los.
Am Polarkreis sind sogar die Toilettenhäuschen beheizt! Ich will gar nicht mehr raus. In Jokkmokk tanke ich bei Hot Dog, heißem Kakao und einer Zimtschnecke wieder etwas Wärme auf. Die Griffheizung tut gute Dienste, so fein wie sie sich regeln läßt habe ich das noch bei keiner anderen Heizung erlebt. Hier oben sind fast alle Seen noch ganz oder größtenteils zugefroren. Der einsame Hof auf einer kleinen Insel wird derzeit wohl kaum bewohnt - um mit dem Boot hin zu kommen, ist das Eis noch zu dick, zum drüber laufen schon lange nicht mehr geeignet.


Hägar scheint sich wohl zu fühlen. Auf den graden Straßen lasse ich ihn laufen. Er rennt los wie ein junges Fohlen, immer wieder muss ich ihn bremsen. Ich habe wieder Vertrauen in ihn gefasst - und in meine Reparatur. Tja, was man nicht selber macht..... Mein Mißtrauen gegenüber "Fachpersonal" hat neue Nahrung bekommen.

Vägskada - Straßenschäden! Verkündet ein Schild. Ist doch UNS wurscht, Hägar. Oder? Oder doch nicht? Hägars Bodenfreiheit wird durch die Unterbodenbefestigung des Schneeschiebers begrenzt. Prompt ertönt mehrfach kreischendes Kratzgeräusch, als wir elanvoll über Bodenwellen und tiefe Schlaglöcher fliegen wollen. Das Fahrwerk ist ziemlich weich gefedert und die Ballonreifen tragen ihr Übriges zu einem schwammigen Fahrverhalten bei. Ein schnelles Ausweichmanöver um Schlaglöcher herum ist kaum möglich. Des öfteren fängt Hägar bedenklich an zu schwimmen. Ich muss kräftig arbeiten, aber wir fangen uns jedes mal wieder.

Ab Kiruna gibt es keine Tankstelle mehr bis kurz vor Liland. Meine Hoffnung, vor der Grenze nochmal eine Station zu finden, zerschlagen sich leider. 200 km ohne Tankstelle? Das geht nicht. An der Grenze werden wir nicht angehalten - wo ich mir doch soviel Erklärungsgeschichten für alles Mögliche ausgedacht habe. Da hätte ich ja ruhig auch noch eine Kiste Bier mit schmuggeln können.... Mein Ofotfjord begrüßt mich mit Regenwolken und ein paar Tröpfchen. Mitten im Tunnel geht uns dann endlich der Sprit aus, 8 km vor der nächsten Tankstelle. Peinlich...
Um halb zehn (also nach ca. 12 h Fahrt) erreiche ich meine schnee- und eisfreie Heimat. Am Fuße von Anne-Lises und Björns Hütte halte ich an und hupe kurz - sie hören es und kommen heraus. Wir rufen uns ein paar Begrüßungsworte zu und verabreden uns für morgen abend.
Hägar findet sofort seinen Stall - drumherum hat der Wind ein ziemliche Chaos angerichtet. Also ist morgen "aufräumen" angesagt. Auch drinnen sieht's wüst aus: eine gefühlte Million toter Fliegen liegt am Boden. Mit dem Staubsauger ist aber schnell klar Schiff gemacht. Dann werfe ich alle Heizmöglichkeiten an, koche mir eine heiße Brühe und langsam taue ich wieder auf. Jetzt fängt es an zu regnen - super timing! Nun werde ich noch das letzte Feuer im Kamin genießen. Es ist nach Mitternacht und hell...

Die Strecke

Mittwoch, 16. Mai 2018

Zuversicht

So, Abend ist es. Ich sitze in der Abendsonne im Zelt und endlich ist mir kalt. Ein starker, eisiger Wind bläst vom Fluss her - aber die Stimmung ist herrlich. Das erste mal, daß ich in diesem Urlaub das Zelt aufgestellt habe.
Aber fangen wir morgens an....

Alles versagt jetzt - mein Frühstück sieht daher schrecklich aus: nasse Semmel mit dem letzten Rest Käse, 1 Tomate, 1 Dose Cola. Immerhin noch eine Banane. Im Bus konnte ich gut schlafen, auch wenn Bus und Haus ebenso im Messie-Zustand sind wie das Grundstück. Mein diesmaliger Joghurtversuch ist Käse geworden.

Es ist schon spät (10 Uhr), bis ich auf der Strecke bin; aber schließlich ist es gestern ja auch 2 Uhr nachts geworden bis ich ins Bett gekommen bin. Im Bus war es abends noch richtig schwül, aber nachts ist es doch empfindlich kalt geworden. Hänger dran und los. Überempfindlich achte ich auf Hägar und alles was er so tut und von sich gibt. Rieche ich da verbrannten Gummi? Klappert da was? Hatte er nicht gerade eine Zugunterbrechung? Ganz vorsichtig gehe ich mit dem Gas um. Langsam warm fahren. Nicht über 70, damit der Riemen nicht zu sehr beansprucht wird. Wenn der jetzt wieder reißt, dann habe ich weder Werkzeug noch Ersatzteil - und die Gegend wird ja immer einsamer. Keine guten Aussichten. Der nächste Fachhändler soll in Vilhelmina sein, ca.3 h entfernt. Und Werkzeug? Weit und breit gibt es hier keinen Werkzeugladen oder Heimwerkermarkt. Erst wenn man dringend etwas braucht merkt man, was hier alles fehlt und anders ist als in Deutschland. Und ich dachte: kann ja nix passieren, ich bin in einem zivilisierten Land. Auf diese Weise lerne ich plötzlich eine ganze Menge mehr von Land, Leuten, Sitten und Gepflogenheiten kennen.
In der nächsten größeren Stadt frage ich mich durch. Es gibt nur ein kleines Haus, in dem einzelne Keilriemen, Anhängerleuchten, Hydraulikschläuche und 3 Steckschlüssel verkauft werden. Davon kann ich rein gar nichts gebrauchen.

In der nächsten Stadt versuche ich es beim eleganten BMW-Händler. Der schickt mich zu seiner Werkstatt, die 2 km weiter im Industriegebiet liegt. Keine Chance. Aber ich soll es nebenan in der Hydraulikwerkstatt versuchen. Die 2 Monteure in der riesigen und vollgestopften Halle sprechen überhaupt kein Englisch. Aber wenn man es mit meinem lausigen Norwegisch nicht so genau nimmt, dann können wir uns doch ein wenig verständigen. Und - die haben tatsächlich Ratschensets. Riesige! Und winzige. Dazwischen nur einzelne teure Teile. Also nehme ich das winzige - sollte für die Schrauben genügen, die beim Abriss des Antriebsriemens fällig sind. Kartenzahlung? Geht nur bei der Chefin, die gerade Mittagspause hat. In 1 Stunde...? Ich muss wohl einen sehr entsetzten Gesichtsausdruck gezeigt haben, denn die Jungs rufen die Chefin an und die ist innerhalb weniger Minuten da. Trotzdem sehr freundlich! Und sie verkauft mir das Ratschenset ohen Mehrwertsteuer! Ok - etwas beruhigter bin ich jetzt. Nur einen Ersatzriemen brauche ich noch.
In Vilhelmina liegt mein Navi mit seiner Treffgenauigkeit 500 m daneben. Und von den Leuten werde ich 3 mal in die falschen Richtungen geschickt. Dann aber Treffer! Ich fahre vor und schon steht ein netter junger Mann neben mir, der perfekt englisch spricht- was für ein Service! Hägar gibt unbekannte Geräusche von sich, ich lasse den jungen Mann ein paar Meter fahren - "nichts Ungewöhnliches" stellt er fest. Er glaubt leider, keinen passenden Riemen mehr vorrätig zu haben, verschwindet in der Werkstatt und kommt mit einem Riemen zurück. "Der ist schon gebraucht" (sieht man ihm aber nicht an) "den kannst Du umsonst haben". Wow! Überhaupt ist es äußerst ungewöhnlich, dass so ein Antriebsriemen reißt, was wohl die Ursache war? Auf jeden Fall hat er mir damit viel Zuversicht auf den weiteren Weg gegeben. Und Stoff zum Nachdenken.
So entwickle ich folgende Theorie: direkt über dem Luftauslasskanal (Kunststoff) des Antriebsgehäuses liegt der Auspuff. Der ist mit Alublechen gegen die Hitzeentwicklung abgeschirmt. Diese Bleche sind üblicherweise angeschraubt, aber hier fehlen schon wieder 2 Schrauben. Ich vermute, die haben sich gelöst, sind heiß auf den Kunststoff gefallen und haben sich durchgeschmolzen. Dann sind sie irgendwann im Antriebsgehäuse gelandet und "unter die Räder" (oder in den Zahnriemen) gekommen. Ursache Nr. 1. In der Werkstatt in Sveg haben die Monteure zwar alles schön sauber gemacht, aber ich habe nicht gesehen, dass sie mit Pressluft alles ausgeblasen hätten. Vermutlich ist noch ein kleiner Rest von den ersten Zahnriementrümmern drin geblieben und hat damit den Schaden am zweiten Riemen verursacht. Kettenreaktion (oder Riemenreaktion?)!
Ich habe gestern alles penibel sauber gemacht. Selbst als ich nichts mehr finden konnte, habe ich noch lange mit Pressluft in alle Ecken geblasen und geheime Verstecke entdeckt. Als ich mir sicher war, dass jetzt alles picobello sauber ist, bin ich nochmal überall mit Pressluft nachgegangen und habe dabei alle Scheiben durchgedreht - prompt kamen noch 1 1/2 Zähne zum Vorschein! Aber bis Vilhelmina bin ich ja schon heil gekommen! Und jetzt bin ich zuversichtlich. Zumindest beruhigt, was meine Fähigkeiten zur Selbsthilfe im Fall der Fälle angeht.
Zum Mittagessen gibt's aus den Resten ein völlig neues Geschmackserlebnis: Bananensemmel!

Mein Mut steigt langsam, die Vorsicht bleibt aber - der Stachel sitzt tief. Wir zockeln ein Stück gemütlicher als bisher - im Schnitt 15 km/h langsamer. Gestartet bin ich noch mit leichter Bekleidung, ohne Jackenfutter und nur im T-shirt. Gegen Mittag tauchen immer wieder Windhosen auf, die ekelhaften Staub aufwirbeln. Das zwingt mich, mein Halstuch und die Brille anzuziehen. Bis zum nächsten Tankstopp hat der Wind ordentlich zugenommen und hat die Hitze verdrängt. Weiße Wölkchen stehen am Himmel, es ist Zeit das Futter in die Jacke zu knöpfen (18 Grad). Jetzt sind wir eher bei meinen bevorzugten Reisetemperaturen angekommen. Ja, und ab und zu verirrt sich sogar ein Regentröpfchen zu mir. In Arvidsjaur "regnet" es sogar: leichter Schnürlregen, die Straße ist nass. Aber als ich fertig getankt habe, ist der Spuck auch schon wieder vorbei.
Mit unserem Cw-freundlichen Schneeräumschild haben wir die beste Angriffsfläche für die Böen. Ja, wir haben einen "Windfänger" angebaut! Immer wieder werfen uns die Böen aus der Bahn, Hägar lehnt sich gegen den Wind und ich muss seinen Lenker ordentlich festhalten und immer wieder korrigieren. Die Schneefelder nehmen zu, im Straßengraben liegen immer häufiger auch Eisreste. Es wird bergiger; auf einem großen See sehe ich am anderen Ufer etwas Weißes auf dem Wasser.
Was das wohl ist? Von weiter oben wird es dann klar: hier ist der See noch gefroren. Gestern hat mir Ragnar im Abschleppwagen ja erzählt, daß bis vor 14 Tagen hier noch jede Menge Schnee lag. Und dann kam die Hitze und hat alles geschmolzen. Das sieht man auch ganz klar am Wasserstand: in vielen Wiesen und Wäldern stehen große Pfützen, die Seen und Flüsse sind mehr als randvoll. Einige Hütten und Häuser stehen direkt am oder schon im Wasser.

Der Verkehr nimmt allmählich immer mehr ab, dafür nehmen meine Rentiersichtungen deutlich zu. Jede Menge Kadaver liege außerdem erstaunlicherweise am Straßenrand. Ob die bisher unterm Schnee versteckt waren? Und nun schlendert sogar eine Elchdame ganz gemütlich vor mir über die Straße! Aber ein Bild darf ich natürlich nicht machen...

In Arvidsjaur kaufe ich noch etwas für Abendessen und Frühstück ein und dann werde ich mir einen Schlafplatz suchen. Ein Bett kann ich mir hier nicht leisten! Schon kurz danach finde ich einen großen Schotterplatz mit Grünstreifen direkt am Flussufer. 200 m weiter steht ein kleines Blockhäuschen, das ich besichtigen muss: es ist ein "Doppelklo". Welcher Luxus!
Während ich jetzt den Blog schreibe, wird es kalt und kälter (4 Grad?). Es soll sogar frostig werden heute Nacht. Die Nase fühlt sich schon so an - also schlüpfe ich jetzt schnell in den warmen Schlafsack. Gute Nacht!


Die Strecke

Dienstag, 15. Mai 2018

Doppel-Crash

Kurz vor Mitternacht ist gestern abend tatsächlich noch jemand im Haus aufgetaucht. Ein sonderbarer Typ. Angeblich wohnt er seit einigen Monaten hier, "bis er was eigenes findet". Er trägt eine starke Fahne vor sich her, versucht aber sehr höflich zu sein und smalltalk zu machen. Ziemlich unbeholfen. Auch die Bezahlung ist ein Akt für sich: ich dachte, über die Buchungsplattform wäre das Zimmer schon bezahlt und ich müsste nur noch das Frühstück zahlen. Hat mir der Typ geglaubt. Da ich aber keine schweidschen Kronen habe und er als einzige Zahlmethode "swish" kennt (online-Bezahlung nur in Schweden), kann ich wohl nicht bezahlen. So will er mir das Frühstück einfach schenken. Später stelle ich fest, dass ich alles vor Ort zahlen muss. Morgens erkläre ich ihm also alles. Kurz und gut - ich bezahle in € und lasse mir das Wechselgeld in Kronen geben. Jede Angabe, diew ich ihm mache akzeptiert er, auch wenn ich mich ordentlich verrechne. Ich glaube, der kann gar nicht rechnen.
Ich hatte gestern versucht, während der Fahrt joghurt zu produzieren, das war wohl nix. Der nächste Versuch über Nacht hat ebenfalls nur vergorenes Zeug produziert - vielleicht kann ich das Zeug ja als Kuhmischschnaps verkaufen? Oder wegschütten.

Abfahrt 8:30. Bereits nach 3 km mag Hägar nicht mehr - schon nach 138 km hat er leer gesoffen! Und das nur gut 1 km von der Kneipe entfernt - das hättest Du aber noch schaffen können.... Falls er mal über Nachwuchs nachdenken sollte, werde ich ihn wohl mit einem Kamel kreuzen, wegen des Fassungsvermögens....
Die nächste Tankstelle nach widerum ca. 130 km ist kaum zu finden. Ich weiß, daß hier eine Tanke sein muss, aber die einsame Zapfsäule versteckt sich zwischen Tanks und Hütten auf einem großen LKW-Parkplatz, total unauffällig.
Über Mora hängt ein feiner Staubschleier; die Straße wurde abgefräst und nun wirbelt der feine Schleifstaub durch die Luft.

Hägar rollt und rollt - für seine kurzen Beinchen (kleinen Räder) läßt er es ordentlich krachen. Die Landschaft wird langsam karger, statt Äckern und Wiesen gibt es jetzt Felsen, Pfützen und Moor. Mückenbrutplätze! Unmerklich sind wir gestiegen, auf ca. 500 Höhenmeter liegen tatsächlich noch letzte Schneereste, obwohl es so warm ist, daß ich schon alles (inklusive Futter in der Jacke) ausgezogen habe, was möglich ist.

Bei km-Stand 3374 um halb zwölf ca. 5 km südlich von Ytterhogdag passiert es: ein schrecklicher Schlag gefolgt von lauten Geräuschen. Sofort rolle ich natürlich rechts ran, zum Glück mündet hier gerade ein Waldweg. Es ist heiß und die Sonne knallt auf die Straße. Ich vermute, dass der Antriebsriemen gerissen ist. Jetzt, wo ich die letzten Minuten revue passieren lasse, kommt es mir auch so vor, als ob ich kurz zuvor einen leicht verbrannten Geruch wahrgenommen hätte. Entgegen den Empfehlungen meines Händlers habe ich auf jeden Fall einen Ersatzriemen mitgenommen - ich wußte, wenn der reißt bin ich verloren. Den gibt's hier sicher nicht einfach irgendwo zu kaufen....
Leider war ich nicht aufmerksam genug und bin werkzeugtechnisch nicht ausreichend ausgestattet. Beim letzten Kundendienst habe ich gelernt, was man benötigt - und das ist leider nicht im Bordwerkzeug enthalten. Einen 8-Steckschlüssel und eine lange M6-er Schraube.
Immerhin habe ich vorsichtshalber einen Auslandsschutzbiref abgeschlossen - soweit habe ich also schon mal (fast) alles richtig gemacht. Die Hotline ist zwar total besetzt, aber Smartphone kann heutzutage einfach alles: ich kann online einen Antrag ausfüllen (allerdings muss ich einen Blödsinn eingeben, weil die Standardvorgaben nicht passen). Kurz darauf werde ich tatsächlich zurückgerufen und der freundliche junge Mann verspricht, sich um Hilfe zu kümmern. Mittlerweile setze ich mich im Wald in den Schatten und hoffe, daß Hägar sich ausreichend abkühlt, um nachher zu schrauben.

Nach etlichen Telefonaten und Wartezeit erreicht mich nach 3 Stunden ein Abschleppwagen. Hier kann man das angeblich nicht reparieren - er muss mich nach Sveg fahren, dort ist eine Quadwerkstatt. Rasch ist Hägar mit dem Anhänger aufgeladen, das Auto ist gerade lange genug, um das Gespann aufzunehmen. Die Fahrt dauert ca. 1 Stunde und ist kurzweilige, weil Ragnar mich gut unterhält. Dann werden wir bei einer großen Quad- und Schneemobil-Werkstatt abgeladen. Während die Monteure - die meinetwegen extra länger dageblieben sind - schon schrauben, erstellt Ragnar die Rechnung mit einem Computer, der im Auto montiert ist. Das ist wohl eher nicht seine Stärke, denn es dauert ziemlich lange, bis er alle Daten eingegeben hat. Die Versicherung zahlt wohl nur einen bestimmten Betrag, so dass ich selbst noch ca. 180 € zahlen muss. Weg ist er.
2 Monteure haben sich bereits über Hägar her gemacht - die ursache ist wie vermutet ein gerissener Antriebsriemen. Mit dem Schlagschrauber muss man ein Riemenscheibenpaar ausbauen - da hätte ich mit meinem bissel Werkzeug auf der Straße alt ausgesehen. Große Teile des Riemens fallen in Stücken, in Staub oder in großen Flocken heraus. Der größte Teil aber mit den eingelegten festen Schnüren hat sich schrecklich fest um die Riemenscheibe gewickelt. Es dauert ewig, bis der Mechaniker in vollständig entfernt und abgeschnitten hat. Die Scheiben werden gereinigt und angerauht, damit der neue Riemen nicht gleich wieder rutscht. Vorsichtshalber nehme ich hier gleich wieder einen Ersatzriemen mit - er kostet mich 200 €. Die Mechanikerstunde schlägt mit 80 € zu Buche. Das heißt: 5 Stunden und 500 € verloren - eine teure Lektion.

Vorsichtig fahre ich vom Hof und lausche auf die Geräusche. Manchmal meine ich, etwas sonderbares zu hören, aber das legt sich. Hier gibt es eine Tanke und einen Supermarkt, in dem ich mich jetzt mit guten Dingen verwöhne und auch etwas reinigen kann. Außerdem klaue ich von den Eiswürfeln, auf denen das frische Obst gekühlt wird, meine Milchvorräte haben es nötig.

Guten Mutes machen wir uns wieder auf die Socken. Wir können ja in die Nacht hinein fahren? Es wird ja kaum noch dunkel und außerdem kann ich mein Zelt ja überalle aufstellen. Wir haben trockenes Wetter. Meine Hotelbuchung in Strömsund habe ich daher gestern schon storniert, mit der Ausrede, ich hätte eine Panne. Die heimliche Hoffnung war, dass mir dann die Stornogebühren erlassen werden. Hat funktioniert. Aber das mit der Panne eben leider auch. Mal schauen, wie weit ich heute noch komme, die Pläne sind groß. Einen Pass bis auf 700 m muss ich Hägar mühsam hochkämpfen, aber er schafft es.
Das erste Rentier für diese Reise schaut mich gelangweilt aus großen Augen an, als ich wegen ihm anhalten muss. Ein Fuchs flüchtet vorsichtshalber und irgendwo treibt sich eine Fasanenhenne herum.

Um halb acht senkt sich die Sonne langsam. Es wird langsam kühler, fast schon angenehm. Eine Temperaturanzeige zeigt noch 28 Grad! Derweil erfriert meine Schwester auf Ihrer Radtour durch Frankreich fast. Verrückt! Erst eine Stunde später ist meine optimale Reisetemperatur erreicht. Die tiefstehende Sonne taucht die Welt in ein schönes Licht. Mir geht es gut.
Ich lasse Hägar jetzt nicht mehr so schnell laufen - ab 80 passe ich auf und über 90 darf er nicht mehr. Trotzdem geshieht das Unfassbare - ein Schlag, die Räder blockieren, der zweite Riemen ist gerissen! Das gibt's doch gar nicht! So'n Sch..... Es ist halb zehn Uhr abends (km 3535). Und jetzt? Den Pannendienst oder die Versicherung brauche ich jetzt wohl nicht mehr anrufen. Wir sind am Berg liegen geblieben, ca. 300 m vor einer Einfahrt. Von dort kommt gerade ein Straßenfahrzeug auf mich zu. Vielleicht kann der mich bis zu der Einfahrt abschleppen? Und vielleicht kann ich dort erstmal übernachten? Vielleicht hat er ja auch Werkzeug oder eine gute Idee? Ich winke und das Fahrzeug hält bei mir an. ein sehr dicker und ungesund aussehender Mann sitzt drin, er scheint kein Englisch zu verstehen. Er dreht um, hält hinter Hägar, schaut sich die Sache an und meint, er käme mit einem anderen Auto, um mich abzuschleppen. Er wohnt genau dort oben. Er hat eigentlich gar keine Chance, mir nicht zu helfen. Ich frage, und er hilft!
Wir werden bis auf einen Erdweg vor einem ziemlich vermüllten Anwesen geschleppt. Der Mann - er heißt Anders - hat ein klein wenig Werkzeug. Genug, um die Riemenabdeckung abbauen zu können. Hägar ist noch schrecklich heiß. Ziemlich routiniert arbeite ich - als ob ich das schon 1000 mal gemacht hätte. Ich wundere mich selbst. Anders sucht ständig ein passendes Werkzeug und zaubert auch immer wieder was hervor. Bei Pressluft muss er streiken, er hat zwar einen Kompressor, aber keinen Luftschlauch dazu. Während er sich mit dem Auto auf die Suche bei Freunden und Verwandten macht, reinige ich alles so gut es geht. Immer wieder fallen irgendwo neue Brocken heraus. Nicht gut. Mit Taschenlampen werden wir noch in der Dämmerung fertig. Hoffentlich hält es diesmal länger! Ob ich hier wohl mein Zelt aufbauen darf? Anders lädt mich ein, in seinem Bus zu schlafen - hier steht ein ausgedienter Reisebus, der zum Wohnmobil umgebaut ist. Das ist natürlich noch besser! Heute habe ich keine Ansprüche mehr. Und - obwohl Anders derzeit kein Wasser hat (die Pumpe vom Brunnen ist kaputt), bekomme ich genügend kochendes Wasser, um meinen nächsten Joghurt anzusetzen.

Müde und frustriert! Gute Nacht. Es ist schon nach 1 Uhr morgens :-(



Die Strecke


Montag, 14. Mai 2018

Verfranzt

Familie Frank muss heute arbeiten bzw. in die Schule gehen. Ich darf bleiben, solange ich will. Um 8 Uhr bin ich aber auch schon auf der Straße. Aus Kinna hinaus führt uns eine hübsche kleine, sehr kurvenreiche Straße. So liebe ich das! Weiterhin säumen liebliche Gehöfte mit allen Sorten, Rassen und Größen an Pferden unseren Weg.

Leider hält das Vergnügen nicht lange an und wir gesellen uns auf den größeren Straßen zum anderen Verkehr. So ein doofer Laster vor mir fährt ca. 0,05 km/h langsamer als ich und wirbelt Staub und Steinchen auf. Ich kann ihn nicht überholen, dafür ist er zu schnell. Ekelhaft. Zum Glück entdecke ich "mein" Hotel, das Hotel John - da muss ich natürlich anhalten und fotografieren. Auf diese Weise werde ich den Brummi auch los.

Es ist heiß und ich werde müde. Um die Mittagszeit ist eine Raststätte angeschrieben: Osterbakken. Sonderbar, es ist nichts zu sehen. Ein kleines Sträßchen führt wieder zurück nach Süden und nach ca. 2 km beginnt eine Ortschaft. Keine Raststätte. Aber ein Hafen - und dort steht eine einzelne und einsame Zapfsäule - nur für Diesel. Ein Stück weiter finde ich eine ältere flache Hütte mit einem verblassten Schild, das "Pizza & Kebab" verkündet. Das war's. Immerhin gibt es nette Bänkchen direkt am Hafenbecken und so lege ich mich dort ein wenig zum Mittagsschlaf hin.
Ein interessantes Schauspiel läuft nebenbei ab: ein kleines Fischerboot wird in's Wasser gesetzt.

Bei Tank-km 148,5 streikt Hägar - er ist verdurstet. Ich hatte gehofft, er schafft es bis zu Tankstelle, aber knapp 7 km vorher macht er dann doch schlapp. Also muss jetzt der Reservekanister raus - kein Problem - und Hägar trottet weiter.

In Vansbro finde ich sofort eine Tankstelle...EINE? Drei! Eine genügt mir. Bei den heutigen Temperaturen von ca. 30 Grad hätte ich gerne ein Eis gehabt, aber neue Mode ist, dass viele Tankstellen nur noch kartenbetriebene Zapfsäulen sind. Leider kein Eis. Auf nach Mora. Ich döse vor mich hin, bin müde und weder Landschaft noch Straße oder Verkehr bieten eine Abwechslung. Nach einiger Zeit stelle ich fest, dass die Entfernungsangabe zum Ziel zugenommen hat...wie das? Jetzt hab ich doch glatt eine Abzweigung übersehen. Na ja, das kann ja jedem mal passieren. Aber das erst nach einer halben Stunde feststellen? Das ist schändlich!!!!! Ja, ich schäme mich! Pfui!

Gegen 7 Uhr abends komme ich bei meiner Unterkunft an. Es ist niemand da - das ganze Haus gehört mir alleine. Den Schlüsselcode und meine Zimmernummer habe ich per Telefon erhalten und so kann ich wirtschaften wie es mir passt. Duschen und Wäsche waschen, zu Abend essen und den Blog schreiben. In der Abendsonne im Garten sitzen. Kann es einem besser gehen?




Die Strecke

Sonntag, 13. Mai 2018

Die Navigationspanne

Nach anfänglichen Einschlafschwierigkeiten und zurecht rütteln in dem neuen Schlafsack habe ich dann doch ganz gut geschlafen. Um 7 Uhr morgens bricht Aufbruchstimmung an. Nebel hängt noch über dem Meer, mein Schlafsack ist nachts recht feucht geworden.
Ich treffe noch kurz meine zwei neuen Bekannten und wir tauschen Kontakte aus, dann werden wir zu den Fahrzeugen gerufen. Ich habe auf dem Zwischendeck geparkt und muss nun warten bis die Fähre komplett entladen ist und auch (fast) der letzte LKW von Bord gefahren ist. Nun stehe ich eingeklemmt in der Brummi-Schlange vor dem Zoll - die PKWs sind schon alle fort und der PKW-Zoll ist geschlossen. Im Stop-and-go-Verkehr muss ich ewig warten bis ich dran komme. So dauert es dann doch bis kurz vor 9 Uhr bis wir endlich losfahren können. Was ich vergessen habe? Klar habe ich was vergessen: meine Wasserflasche steht wohl noch an Deck der "Mecklenburg-Vorpommern".


Mittlerweile scheint die Sonne und gegen Mittag wird es richtig heiß. Wir wollen auf guten breiten Straßen durch die ersten Birkenwäldchen dahin, lassen die Schnelleren gerne vorbei, und aus Langeweile studiere ich die Straßenschilder. Ob ich sie wohl aussprechen kann? Was sie wohl bedeuten? Ist eine gute Vorübung für mein immer noch miserables norwegisch.
Was es heute Außergewöhnliches zu sehen gibt? Also, außer der blühenden, sich sonnenden Natur? Einen toten Dachs und einen toten Hasen. Ein Warnschild vor Wildschweinwechsel und kurz danach  ein ebensolches Schild vor Reitern. Vergeblich warte ich auf das Warnschild mit der Hundemeute...
Einen schon fast unnatürlich giftgrünen Golfplatz.

Meine rechte Wade ist schon lange gar gekocht von der Hitze des Antriebsriemens. Mittlerweile wird das Fleisch bestimmt schon trocken und zäh sein. Ach - hier sind ja wieder an jeder Ecke Blitzlichtautomaten aufgebaut - ich erinnere mich. Ich wollte deshalb ja mein vorderes Nummernschild abmontieren. Das Argument? Motorräder haben vorne kein Nummernschild. Und in Österreich braucht man vorn auch keines....

Mein Navi spinnt! Ich habe kürzesten Weg ohne Autobahn eingestellt und was tut das Teil? Es führt mich auf Autobahnen und danach sicher nicht den kürzesten Weg nach Kinna. Allerdings entdecke ich auf diesem "kürzesten" Weg das wirkliche Schweden mit ganz schmalen Sträßchen asphaltiert oder teilweise unbefestigt oder  geschottert. Eigentlich wunderschön. Das macht Spaß! Stimmt's Hägar? Yeah!
Auf den Schotterstraßen möchte ich äußerst ungern hinter uns herfahren müssen - wir ziehen eine kilometerlange Staubfahne hinter uns her! Die Route führt uns durch Naturschutzgebiete. Kurve an Kurve windet sich ein fester Erdweg durch den Naturpark. Hier sind wir in unserem Element! Vorbei an einsamen Gehöften mit wunderschönen Bauerngärten oder kleinen roten Schwedenhäusern. So wie man das aus den Geschichten kennt.





Als ich bei Klaus und Deborah ankomme haben wir ein ganzes Stück mehr als 500 km zurückgelegt - auf dem schnellsten Weg wären es etwas weniger als 300 km gewesen! Na ja, das Navi spinnt, aber Hägar rollt zuverlässig. Der Umweg hat noch ins Zeitschema gepasst und uns wunderbare Landschaften gezeigt.
Der Abend geht mit feinstem Rehrücken, Backofenkartoffeln, vielen Beilagen und einem Glas Wein zu Ende.
Die Strecke