Samstag, 12. Mai 2018

Entspannung


 Punkt sechs Uhr ist Aufbruch! Nein - reingelegt - 6 Uhr abends!
Ich verbringe einen total entspannten Tag bei meiner Freundin Karin in Lübeck. Hägar posed den ganzen Tag vor der Haustür.
Nach unendlich langem Ausschlafen gibt es ein opulentes spätes Frühstück. Ein paar Dinge rund um's Haus erledigen wir, die zu zweit einfach besser erledigt werden können. Danach spazieren wir ein wenig an der Wakenitz entlang, beobachten die Enten, Gänse, Schwäne, Plesshühner und anderes Getier, die hier ihre Kleinen aufziehen und ausführen. Als uns der Hintern vom harten Baumstamm schmerzt geht's wieder nach Hause, wo Karin ein feines Nachmittagsessen zubereitet. So kriegen wir den Tag ganz schnell herum.

Also, nun ist Abfahrt. Ich hab's heut nicht weit. Die Fähre Rostock - Trelleborg über Nacht hab ich gebucht. Ich glaube, das ist die einzige Fähre, auf der man nachts nicht zwingend eine Kabine nehmen muss. Die haben sogar meinen nachgemeldeten Anhänger umsonst noch mit auf das Ticket genommen!
Durch blühende Kastanienalleen, an gelben Pferdeweiden vorbei tuckern wir dahin. Obwohl wir es gemütlich angehen lassen, blitzt mir schon wieder so ein hinterlistiger Apparat ins Gesicht - 68 km/h waren es dieses Mal. Meine Ausreden, die ich mir schon mal ausdenke, werden immer abenteuerlicher....
Zum Hafen zweigt die Straße eigentlich schon vor Rostock ab, ich habe aber noch massig Zeit und so raffe ich mich auf, einmal nach Rostock rein zu fahren...wo ich schon mal da bin. Aber irgendwie finde ich zwar einen Hafen mit vielen Yachten, aber kein Zentrum. Es gibt sehr viele moderne und abenteuerlich gestaltete Gebäude, dazwischen eine Reihe herrschaftlicher älterer Häuser, aber nichts, was ich besonders hübsch oder spannend fände. Also geht's halt weiter Richtung Fährhafen. Mein liebes Navi sucht wieder tolle Nebenstraßen - diesmal gepflastert.

Im Hafen lerne ich 2 interessante Typen kennen. Sie sind aus Lauf und fahren mit dem Auto mit Dachzelt ans Nordkap. Sie sprechen mich an, weil Hägar halt mal wieder auffällt. So weit, so gut. Das interessante daran ist, daß einer von ihnen sich am Nordkap aussetzen läßt und den ganzen Weg zurück nach Hause zu Fuß gehen will!!!° Wow! Der hat sich was vorgenommen. Er hat allerdings Erfahrung: nach Paris und nach Rom ist er schon gelaufen. Bis Anfang August will er schon wieder zu Hause sein, seine Tagesetappen plant er mit ca. 50 km. Sportlich! bin gespannt, ob er das schafft.



Die Strecke

Freitag, 11. Mai 2018

Hägar, der schreckliche (Angeber)

Ich will möglichst bald los, daher habe ich mein Frühstück auf 8 Uhr bestellt. Die große Belegschaft von gestern abend ist verschwunden, ein junger Mann muss die Stellung halten. Er versucht, seinen Job sehr gewissenhaft zu machen. Ich bitte ihn um einen Tee statt Kaffee, da kommt er schon ins Straucheln. Das ist nicht vorgesehen. Aber...na gut, es ist ja niemand da, der es sieht - also bekomme ich "ausnahmsweise" meinen Früchtetee. Die Semmeln sind noch ganz heiß vom aufbacken und zum Frühstücks-Ei fragt er nach, ob es weich oder hart genug ist. Dann bringt er sogar noch die Romantik (Kerze) auf den Tisch. Als einziger anwesender Gast so umsorgt zu werden ist mir schon fast ein wenig zu viel. Von den 3 Semmeln packe ich mir eine für's Mittagessen ein, die anderen lasse ich mir munden. Alles wird ratzeputz aufgegessen; Punkt 9 Uhr brechen Hägar und ich auf.
Die Saale liegt glatt und ruhig im faden Morgenlicht, die Sonne kann den morgendlichen Dunst noch nicht durchdringen. Am anderen Ufer haben 2 Angler in kleinen Zelten übernachtet.
Hägar braucht dringend auch sein Frühstück, aber mein Navi führt mich alle Nebenstraßen der Welt - immer knapp an den Tankstellen vorbei. Da ich ja nun einen Anhänger mit viel Platz dabei habe, kann ich ruhig noch ein paar Mitbringerle für meine norwegischen Freunde einkaufen. Hintergedanke: die Verkäuferin kennt eine Tankstelle - nichtmal 500 m weiter. So, jetzt aber back to the road.
Der Raps steht noch in voller Blüte und verströmt seinen intensiven Duft und Blütenstaub. Auch Flieder, Kastanien und eine Reihe anderer Alleebäume grüßen uns mit ihrer Blütenpracht. Wir rollen durch weite Ebenen mit Raps- und Windkraftfeldern, Buchenhaine im jungen Grün und lichte, duftende Kiefernwäldchen.


Hier auf der Ebene kommt Hägar so langsam auf Touren - mit waschmaschinenähnlichem Getöse tourt er bis auf 7250 U/min - nur, um dann vom Drehzahlbegrenzer eins auf die Mütze zu bekommen und bei 95 km/h abgeregelt zu werden. 95! ruft sein Tacho stolz. Aber das Navi straft ihn Lügen, es sind nur knapp 85 Hägar stapelt also knapp 10 km/h hoch! Nun weiß ich auch, warum die ganzen Blitzer und laserbewaffneten Polizisten nichts von mir wollten...ha ha ha. Hägar gibt einfach schrecklich an, mit seinen aufgeblasenen Muskeln aus Kunststoff, die das 19 kW magere 400 ccm Motörchen verstecken uind seinen imposanten Schutzbügeln. Natürlich tragen auch Schneeschild und Anhänger ihren Teil zum monströsen Auftreten bei.
Mit dieser Geschwindigkeit qualifizieren wir uns zur Teilnahme an den beliebten Elefantenrennen, die allerdings auf Landstraßen noch viel spannender als auf der Autobahn sind. Vor uns zockelt ein Brummi mit 80 dahin? Wir sind doch schneller - mindesten einen halben km/h. Yeah! Das Rennen kann beginnen!
Es fühlt sich rasend schnell an auf Hägar. Jeden Stundenkilometer mehr spürt man - in den Knochen, in den Augen, im Gesicht. Wie früher im Käfer. Da brauch ich keine vier mal so schnelle Luxuslimousine.

Blitz! Erwischt! Grrr - jetzt war Hägar tatsächlich zu schnell. In einer Ortschaft, die eigentlich nur aus Ortsschild und Blitzlichsäule besteht hat es uns erwischt. Wird vermutlich nicht ganz billig. Na ja, mal sehen, ob ich einen Liebesbrief bekomme und wie ich ihn evt. entkräften kann.

In Magedburg kann ich ein USB-Kabel kaufen, das ich zu Hause vergessen habe. Ich vergesse immer etwas. Von Jahr zu Jahr mehr.... Mit diesem Kabel kann ich hoffentlich das Navi auslesen und Euch meine Route zeigen.


Am Nachmittag sitze etwas abseits der Straße in der Sonne, irgendwo im Nirgendwo, auf Hägars Rücken, die Füße auf den Tank hochgelegt und lümmle gegen die bequeme Rückenlehne. Diese habe ich am vorgestern Nacht doch wieder montiert, nachdem ja die Seekiste nicht mehr auf den Gepäckträger musste (sie fährt jetzt im Anhänger mit). Saubequem! Diese Stellung könnte ich länger aushalten...

Da kann ich Euch noch kurz die Story vom Tanken erzählen: Hägar hat schon wieder Durst bekommen und endlich taucht auch eine Tankstelle auf. An dieser neuen Straße prangt eine große moderne Anlage in strahlendem Blau und lädt zur Einkehr ein. Die erste Zapfsäule bietet Hägars Lieblingsmarke leider nicht an, aber es gibt ja genügend Alternativen. E10 gibt's an der nächsten Säule. Sollte es zumindest. Gibt es auch - aber was ist das??? Kaum "a Göschle" voll läuft aus dem Zapfhahn, da versiegt die Quelle. Nichts zu machen - kein Tropfen lässt sich mehr sehen. Kein Problem - probieren wir halt Zapfsäule Nr. 3. Aber auch hier das selbe Spiel, nach knapp 2 Litern staubt es nur noch. Immerhin - mit insgesamt 4 l kommen wir bestimmt bis zur nächsten Tanke! Meinen Unmut muss ich dennoch dem freundlichen Personal kundtun. Ja, es gibt wohl bei E10 Probleme mit der Tankpumpe und / oder mit dem PC. Es kommt bestimmt noch Benzin. Die nette Dame versucht es selbst und tatsächlich, nach ca. 10 sec plätschert ausreichend Benzin in Hägars Tank. So was kenne ich allerdings bisher nur von Afrika! Und das an einer Tankstelle, die für ihre gute Qualität auch noch ca. 7 Ct mehr verlangt, als alle später auftauchenden Tanken!

Bis Lübeck verläuft die Reise ohne weiter Highlights. Ich kehre bei meiner Freundin Karin ein und werde dort morgen einen Tag Pause einlegen. Zumindest fast, denn am Abend muss ich aufbrechen, um die Nachtfähre nach Schweden in Rostock zu erwischen.

Ach, von gestern hab ich noch was vergessen - schließlich habe ich den Blog zwischen lauter grölenden Besoffenen geschrieben, da kann man schon mal unkonzentriert sein. Mein Weg sollte mich am Truppenübungsplatz Grafenwöhr vorbei führen, jedoch war schon wieder mal eine Durchfahrststraße gesperrt. Brav bin ich also der Umleitung gefolgt, die jedoch sonderbarerweise auf das Militärgelände geführt hat. Standhaft habe ich alle Sperr- und Warnschilder ignoriert. Als dann letzlich Panzer beiderseits der Straße Wache hielten, wurde mir doch etwas mulmig. Ich hoffte, dass wir bald wieder auf die "richtige" Straße stoßen, was zum Glück dann auch bald der Fall war. Niemnad hat uns zum Glück inzwischen behelligt.

Die Strecke


Donnerstag, 10. Mai 2018

Himmelfahrt

Heut ist Feiertag - Christi Himmelfahrt. Da ist der Einsatz des Posaunenchors gefragt. Also spiele ich morgens noch ein paar fröhliche Lieder um dann mit Musik im Blut die Fahrt in MEINEN Himmel anzutreten.


Kurzfristig hab ich mich entschlossen einen kleinen Anhänger mitzunehmen, der bei uns in Aschbuch übrig war. Die Seekiste passt wunderbar drauf und den Hänger kann ich in Norwegen sicher gut gebrauchen zum Brennholz holen und für andere "Kleinigkeiten". Jetzt fahre ich also als Gespann und mein Schlepper erfüllt seine Bestimmung.



Beim Kundendienst 2 Tage vor Abfahrt lerne ich Hägar etwas besser kennen und stelle fest, das am Tank 2 von 4 Befestigungen bereits werksseitig ein zerstörtes Gewinde habe. Läßt sich leider nicht nachschneiden, also muss Hägar damit leben.

Fünf nach zwölf geht es los! 350 km kündigt das Navi bis zum Übernachtungsplatz an. Ich habe bereits gebucht - mittlerweile bin ich alt genug, mir diesen Luxus ab und an zu gönnen. Aber  - der Schwabe läßt grüßen - das Zimmer schlägt nur mit 25 € zu Buche!
Die Sonne strahlt, das Thermometer zeigt 30 Grad und bereits als wir das Altmühltal verlassen kommen wir zum ersten Mal ins Schwitzen: Hägar keucht mit strammen 40 km/h den steilen Berg hinauf. Der Anhänger bremst ihn ordentlich und der Schneeräumschild läßt in nur schwerlich atmen.  Mir wird warm weil einerseits die Abwärme von Auspuff und Riementrieb mein rechtes Bein grillen und ich andererseits durch die Serpentinen turnen und die Fuhre auf Spur halten muss. Ansonsten ist alles gut, der Hänger läuft perfekt hinterher, der Schneeschild wackelt nicht. Es macht Spaß!
Und wir erregen selbstverständlich Aufmerksamkeit; besonders bei den vielen "Vätern", die heute feiern.
Ich weiß nicht, was ich mit dem Navi angestellt habe - es führt mich weitab von großen Straßen, ja einmal landen wir sogar auf einer Schotterstraße und einem schönen Waldsträßchen. Hier fühlen wir uns wohl! Nach gut 100 km ruft die erste Tankstelle.
Auf halber Strecke, zwischen Bayreuth und Hof kühlt es ab, die Straße wird nass und letztlich führt mein Weg schnurstracks mitten in die Regenwolken. Wie kann es anders sein? Wenn ich reise.....

Kurz vor Ende der Etappe müssen wir den Ort Osterfeld passieren. Das scheint jedoch unmöglich, nur Einbahnstraßen. Von Norden kann man wohl durchfahren, von Süden muss ich bis zur nächsten Ortschaft und dann in großem Bogen zurück auf die Strecke fahren.
Mit dem letzten Tropfen erreiche ich das "Bootshaus" hinterm Ende der Welt in Weißenfels. Nach einem Zickzackkurs durch eine Wohnsiedlung, als die Straße zu enden scheint, mal kurz rechts abbiegen über eine gaaanz schmale Fußgängerbrücke, hinter der nächsten Scheune gleich wieder links und dann mitten durch die Radler, bis es wirklich nicht mehr weitergeht.
Rechterhand die Saale, linker Hand, oben auf dem steilen Ufer, grölen die Väter von der Restaurant-Terrasse herunter. Da wohne ich heute Nacht. Hägar parkt am Ufer, direkt unterhalb der Mauer.
Zum Abendessen gibt es heute eine Überraschung: DDR Jägerschnitzel! Nudeln mit Tomatensoße und drei große Scheiben panierter Jagdwurst obendrauf. Sehr interessant!
Nachdem auf der Terrasse Ruhe eingekehrt ist und die Betrunkenen alle davongewankt sind, lege auch ich mich heute mal bald zur Ruhe.


Die Strecke