Freitag, 18. Mai 2018

Heiliger Fisch

Obwohl es gestern schon wieder 2 Uhr war, stehe ich um 8 Uhr auf, als ich zufällig wach werde. Ich will wieder in einen vernünftigen Rythmus kommen. Lust habe ich aber zu gar nichts. Alles ist noch gut verpackt und verstaut, draußen geht ein kaltes Windchen und manchmal regnet es auch ein wenig. Tja, ich bin in MEINEM Norwegen.
Irgendwann raffe ich mich dann doch auf, vor die Türe zu gehen. Dabei stelle ich fest, daß ich hier gar keine Jacken deponiert habe. Die habe ich wohl bisher immer mitgebracht. Bevor ich jedoch den Hänger auspacke muss ich das Chaos auf dem Grundstück beseitigen - überall hat der Sturm Holzplatten verteilt. Außerdem liegen Reisig und Äste herum...dieser Saustall muss ein anderer werden. Eigentlich macht es sogar ein bisschen Spaß, im Freien ein wenig herumzuwurschteln. Ohne Stress, einfach nur so. Bei Nachbar Ragnar sieht's aus, als ob der Sturm die Gartenmöbel verweht hätte, also gehe ich rüber und räume die auch etwas zusammen und binde sie fest.

Dann mache ich mich über den Anhänger und seinen Inhalt her. Der Rhabarber wandert an eine weiche Stelle im Garten. Die Elchschaufel ist leider nur noch Mehl, aber sie war vorher schon etwas mürbe. Schade. Dann räume ich die Truhe aus. Jedes Teil muss ich einzeln hochtragen, es sind schrecklich viele Kleinigkeiten drin und nichts ist in einer großen Tüte zusammengefasst. Aber, macht nix. Die leere Seekiste kann ich alleine hinaufbugsieren, ich lasse sie noch draußen stehen, denn ich möchte sie erst saubermachen. Später.  In Kiruna habe ich gestern noch eingekauft, 2 schöne Stücke Fleisch waren auch dabei. Die werden jetzt versorgt, d.h. portioniert und eingefroren. Ein Stück ist jetzt gleich dran. Das Gemüse, auf das ich mich gefreut habe, ist leider nicht mehr da - vermutlich haben meine lieben Nachbarn alle Sicherungen ausgeschaltet und dann den Kühlschrank leergeräumt. Die sind so fürsorglich! Heute sind sie jedoch in Harstad, also kann ich erst am Abend fragen. Ein paar Kartoffeln liegen noch herum, also wird es Bratkartoffeln mit Steak geben.
Da, eine Nachricht! Gerd (Bekanntschaft vom Schiff) ist in der Gegend und möchte auf einen Kaffee vorbeikommen. Mein allererster Gast! Kaffee habe ich leider nicht, aber er kommt passend zum Essen - wir teilen alles brüderlich. Gerd ist Pfarrer und derzeit in der Kirchenverwaltung beschäftigt. Die Norwegenreise ist seine burn-out-Prävention. Er ist in Eile und hat höchstens eine Stunde Zeit; er war noch nie angeln und nimmt mein Angebot gerne wahr. Wir fahren zum Angelplatz und ich weise ihn ein. Mit der zweiten Angel stelle ich mich ein paar Meter weiter weg und eile ihm bei Bedarf zu Hilfe. Haken verloren, Schnursalat, Köder zwischen den Steinen fest - ich kenne das nur zu gut. Aber ich lasse ihn machen. Es geht ein kalter Wind und Gerd scheint nur wenig anzuhaben, ihm wird schon ordentlich kalt. "Noch 2 Würfe" möchte ich machen, dann fahren wir wieder heim.
Schon beim ersten aber ziehe ich eine Portion Seelachs heraus! So schnell hab ich ja noch nie was gefangen! Ob da seine Heiligkeit die Finger im Spiel hatte? Und der Fisch dient als Beweis, daß ich Gerd keinen Schmarrn erzählt habe. Das Essen für morgen ist gesichert. Wir fahren zurück und Gerd macht sich gleich weiter auf die Socken, er möchte heute noch bis auf die Atlantikseite der Lofoten. Das war eine nette Überraschung.

In der Küche sieht es schlimm und fettig aus! Kein Wasser mehr da - also Hägar satteln, zum Campingplatz fahren und 50 l Wasser holen. Dann in der Küche klar Schiff machen, den Fisch versorgen und endlich ein Mittagsschläfchen machen? Aber ich könnte ja noch die Sachen aus der Truhe verräumen. Da hupt es - Ragnar und Eva tauchen auf. Björn und Anne-Lise sind auch wieder aus Harstad zurück. Da werd ich wohl nachher eine kleine Besuchstour machen. Aber heute "werd ich nicht alt"...

Draußen geht ein strammer Wind, die Wellen gischten gegen das Ufer. Am frühen Abend mache ich die Begrüßungstour. Bei Eva bekomme ich meine Post - eine Rechnung ist dabei, aber Eva kann mir nicht sagen, was sie bedeutet. Auch Björn und Anne-Lise rätseln lange, bevor sie beschließen, das wären Müllgebühren. Die werde ich wohl zahlen müssen. Mit Björn unterhalte ich mich lange über die Hütte und das Eisproblem. Frank wird wohl am ehesten wissen, was man tun kann, aber Frank meldet sich nicht. Als ich Björn von dem Angebot, ein Boot bei Göteborg zu kaufen erzähle, bietet er an, seines zu benutzen. Cool. Aber ich werde wohl erst noch ein bisschen Bootfahren lernen müssen. Im Moment ist mir auch noch gar nicht danach. Es stürmt ziemlich und Björn erzählt mir Schauergeschichten von dem unberechenbaren Wetter und Bootsunglücken auf dem Fjord. Da geh ich lieber wieder heim, backe mir noch ein Brot und geh dann schlafen. Ich hab Nachholbedarf.

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