Montag, 21. Mai 2018

Wasserspiele

Um 4 Uhr nachts werde ich wach und höre es plätschern. Es regnet nach wie vor, aber jetzt kommt vom Berg herunter mehr als ein Rinnsal. Es plätschert richtig. Eigentlich bin ich ja schon wach, aber ich leg mich nochmal hin und nach langem wachliegen schlafe ich dann bis kurz vor 10 Uhr! Keine Zeit oder Lust für Frühstück, wasserfest anziehen und raus! Bächle bauen. Das hab ich als Kind schon so gerne gemacht. Es gibt aber soooo viele Angriffspunkte hier - beginnen wir mit einem Versuch, Hägars Stall trocken zu legen. Ich versuche einen Abfluss zu graben, aber so richtig erfolgreich ist das nicht. Björn kommt vorbei, schaut sich alles an und wir fachsimpeln ein wenig. Man könnte z.B. die ganze Erde vor dem Haus wegräumen....ja, man könnte. Wenn man könnte. Als nächstes schaue ich nach der Ursache des vielen Wassers auf der Westseite, der kritischeren Seite. Hier sind mir die Fundamente aufgefroren und kaputt gegangen. Am Berg liegen die Felsplatten nach Osten geneigt und so fließt alles Grundwasser eher zur Hausmitte hin, läuft dort unters Haus und in Hägars Stall. Ich versuche, das Wasser weiter nach Westen, vom Haus weg zu bekommen. Dämme bauen, das Wasser mit Steinen umleiten, schon gleich ganz weit oben am Hang das Wasser in eine andere Richtung zu leiten? Ein bisschen macht das ja auch Spaß. Aber es ist kalt, noch regnet es (irgendwann hört es auf, aber ich bemerke das gar nicht) und ich bewege manchmal sehr große Steine. Wurzeln, Moos, Erde, kleinere Steine - alles dient mir zum Damm bauen. Von oben habe ich das ja schon ganz gut hinbekommen, das oberste Fundament steht schon mal nicht mehr mitten im Bach. Aber weiter unten, zwischen meinem Felsgebirge, biegt der Wasserlauf dann doch wieder unters Haus ab. Beim Hausbau und den vorausgehenden Erdarbeiten hat der große Bagger einen Wall an Felsen, Erde, Büschen und herausgerissenen Bäumen aufgetürmt, der das Wasser natürlich nicht durchlässt. So fliest es wieder Richtung Haus. Immerhin kann ich einen großen Teil des Wassers trotzdem dazu bewegen, in den angrenzenden Graben auf der Westseite abzufließen. Hägar hat aber immer noch nasse Füße.
Ich bin am Ende. Rücken und Hände schmerzen, meine Schuhe sind total durchnäßt, ich sehe schon Sternchen. Auf die Schuhe muss ich nun doch ein Loblied singen: Winter-Arbeitsstiefel von Audi. Total warm und trotz Stahlkappen saubequem! Und bislang immer wasserdicht, obwohl sie aus Leder sind. Nur, 5 Stunden im fließenden Wasser stehen halten sie wohl doch nicht aus.
Wenn ich nicht mehr kann, vielleicht kann dann Hägar noch helfen? Eine kleine Birke steht mitten in meinem neuen Bach und ihre Wurzeln behindern den Wasserlauf. Hägar - zeig mal Deine Seilwinde!
Das Bäumchen biegt sich, Hägar geht in die Knie, der Wurzelstock bewegt sich. Aber nicht genug. Es reicht nicht, um den Baum auszureißen; Hägar, laß gut sein. Feierabend!
Uiii, es ist schon 15 Uhr!? Ja, wenn die Mutter nicht ruft... Beim Bächle spielen und Wasserfall bauen kann man schon die Zeit vergessen.

Drinnen lege ich mich erst mal trocken, zieh mir was Warmes an, mümmle mich ein und lümmle auf dem Sofa rum. Erst spät am Abend kann ich mich nochmal aufraffen, etwas an die frische Luft gehen und meine schmerzenden Knochen etwas bewegen. Der Wind hat nachgelassen, nur gelegentlich nieselt es ein wenig. Ein Zweimaster tuckert vorbei. Von der Hausverpackung habe ich noch eine Menge dünner Sperrholzplatten rumliegen - die sind mittlerweile anscheinend weit geflogen. Die, die ich auf meinem Weg finde sammle ich ein und ziehe sie zur Feuerstelle unterhalb von Björnars Hütte direkt an den schönen flachen Felsen, die ins Meer hinein führen. Die Männer haben schon einen großen Haufen für das Sonnwendfeuer aufgerichtet. Nun sind meine Nachbarn aber alle weg, sie müssen morgen wieder arbeiten; am Wochenende kommen sie wieder.
Björn hat mir angeboten, sein Boot zu benutzen - nur aus Neugier schaue ich es mit aus der Nähe an. Es ist aus Glasfaser aber ich kann es nicht bewegen, es ist zu schwer. Da brauche ich sicher einige Einweisungen und Nachhilfen.
Mein Kampf gegen Wasser und Erdrutsch scheint zumindest kleine Erfolge zu zeigen, Hägars Reifen stehen nicht mehr knöcheltief im Wasser, es ist nur noch "feucht". Die Pfützen in den Drainagegräben sind kleiner geworden, aber mein neuer Wasserfall plätschert immer noch munter dahin. Auf dem Dach entdecke ich ein paar braune Stellen - ich hoffe, die werden irgendwann auch wieder grün werden. Ich werde auf jeden Fall nicht hochkrabbeln, um irgendetwas zu unternehmen.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen