Den weiterhin verregneten und windig-kalten Vormittag verbringe ich "im Büro". Ja, ich habe eine Rechnung bekommen, die ich so nicht akzeptieren will. Also lasse ich mir erst einmal erklären, was das überhaupt ist (Müllgebühren), um dann in die Verhandlung einzusteigen. Das solle ich doch bitte schriftlich machen. Gesagt, getan; bin gespannt, ob jemand auf die Mail antwortet. Außerdem chatte ich mit der Steuerbehörde, um einiges über die Personennummer herauszufinden - es gibt zweierlei davon. Die für Ausländer wie mich, und eine "richtige" für Norweger. Leider kann ich mit der ausländischen keinen Handyvertrag abschließen oder mir Werkzeugmaschinen ausleihen. Dummerweise kann man mir dabei aber nicht helfen.
Gegen Mittag raffe ich mich dann doch auf, trotz Regen. Ich ziehe halt das ganze Regenzeug obendrüber und watschle dann wie eine Ente zu Hägar. Allerdings liegt das nicht nur an den Klamotten sondern vor allem an den schmerzenden Knochen im Geläuf; von der Hüfte bis zu kleinen Zeh tut mir alles weh. Bächle bauen sollte man vielleicht doch nur als Kind?
Ich nehm den Anhänger mit, weil ich auf dem Weg zum Reifenhändler am Müllcontainer und an meiner Wasserzapfstelle vorbeikomme. Obwohl die Reifenwerkstatt sehr versteckt ist, finde ich sie auf Anhieb, auch ohne Navi. Stina heißt die junge Angestellte im Büro. Sie ist aber wirklich keine Bürotussi - würde mich nicht wundern, wenn sie auch selbst Reifen wechselt. Mit etwas hin und her und telefonischer Unterstützung durch ihren Chef sind die Reifen dann bestellt, kommen Ende der Woche oder Anfang nächster Woche. Ist ok, auch wenn Hägars Vorderreifen schon ziemlich an Slicks erinnern. Ich frage das freundliche Mädchen nach dem Rema 1000, dem großen Supermarkt in Evenskjer? Ja, der wurde abgerissen, aber nur, um ihn neuer, größer und besser sortiert wieder aufzubauen. Gut. Einen Glaser? Nein, das kennt sie keinen. Laut Telefonbuch gibt es welche in Harstad. Eigentlich brauche ich vermutlich nur einen geschickten Handwerker hier vor Ort. Olav will mir für die Terrassentür eine neue Scheibe besorgen, aber einbauen soll ich sie selbst. Das kann ich doch nicht...? Wo wir schon mal im Gespräch sind erfahre ich einiges von Stina. Sie hat auch ein Quad, aber 20 km Entfernung damit zu fahren ist schon verrückt - sagt sie. Von Deutschland??!! Ja, ich spinne - grins. Stina fährt Dragster-Rennen mit alten umgebauten Luxusautos. Bestimmt auch ein lustiger Sport. Ihr Papa will mit ihr nach Deutschland fahren, um den ursprünglichen Besitzern zu zeigen, was aus ihren Autos geworden ist. Die entsetzten Gesichter möchte er dann gerne filmen für Youtube. Ha ha ha.
Auf dem Rückweg bekommt Hägar neuen Saft und ich gönne mir einen Käse-Speck-Hotdog an der Tanke. Mittlerweile hat es aufgehört zu regnen und die Sonne kommt langsam durch. Ich sollte unbedingt wieder angeln gehen. Am Campingplatz ist Viggo beschäftigt, er vergrößert den Platz etwas. Es wird eine sehr herzliche Begrüßung! Wir unterhalten uns eine ganze Weile und obwohl ich nur Bruchteile verstehe, sind wir der gleichen Meinung, was mit meiner Hütte zu tun ist. Fundamente ausbuddeln und tiefgründig erneuern. Man macht das nicht, eine Hütte zur Hälfte auf den Fels und zur anderen Hälfte
auf anderen Untergrund zu stellen, ist seine Aussage. Aber - jetzt ist es halt mal geschehen.
Zu Hause angekommen weiß ich gar nicht, was ich jetzt als erstes tun soll. Ich beginne bei den Fahrzeugen. Der Auslasskanal von Hägars Riementrieb ist ja geschmolzen und hat Löcher. Ich möchte eine vorläufige Reparatur machen, damit nicht wieder etwas hineinfällt. Ein Alublech wäre nicht schlecht - hab aber keins. Am Strand finde ich einen kleinen verrosteten Kühlschrank, von dem ein dünnes verzinktes Blech weghängt - das schnapp ich mir und stutze es zurecht. Jetzt merke ich erst, wie gut meine Werkstatt in Deutschland ausgerüstet ist, ein Griff und das passende Werkzeug ist da. Hier sieht's anders aus. Aber irgendwie klappt dann doch alles. Das Blechpflaster wird mit blauem Krepp-Klebeband fixiert - abenteuerlich. Der Zweck heiligt die Mittel.
Ich schaue mich um - die Unordnung unterm Haus muss eine andere werden. Es liegen eine Menge Dachpappe und Folien herum und werden vom Wasser um- oder durchspült. Ok, wozu hat man Paletten? Dan kann ich die ganzen Rollen gut drauf stapeln. Und wo ich schon mal wieder unterm Haus im Wasser stehen, versuche ich gleich, auch dieses zweite Rinnsal umzuleiten - diesmal Richtung Osten. Schon weider eine Schlammschlacht - ich seh aus wie ein Schwein. Ich hatte die Lederhose an - ob ich die jemals wieder sauber kriege?
Oh, der Briefkasten. Den hat Ragnar im Winter provisorisch befestigt, nachdem der Wind ihn verweht hatte. Jetzt ist der Untergrund weich, also kann ich einen Betonstein gut eingraben und darin Pfosten und Briefkasten fixieren. Hoffentlich hält es diesmal länger.
Kjetil taucht auf und rußt ein wenig mit seinem fetten alten Schlitten rum, nur so zum Spaß. Er provoziert gerne. Ich verstehe Spaß!
Es regnet mittlerweile wieder, ringsum ist es grau - angeln ade. Da ich ja jetzt wieder viel Wasser habe, traue ich mich an eine Wäsche. Inklusive der lehmigen Jeans von gestern. Ob das was wird? Mittlerweile bin ich so schlapp, daß mir das auswringen kaum noch gelingt und so hänge ich die Wäsche noch ziemlich feucht im Schlafboden auf. Dort ist es herrlich kuschelig warm. Ich bin wieder froh, daß ich mir die Wärmepumpe zugelegt habe. Ohne Mühe ist die Hütte immer angenehm warm.
Zum Abendessen gibt's doppelten Regenbogen an gekräuseltem Meer mit ein paar leichten Windböen. Das Sonderbare ist, dort wo der Regenbogen in's Meer taucht, gibt es gar keine Bugwelle...? Hier wird es nie langweilig!
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